Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Im deutschen Buchhandel wird es in diesem Jahr zu einer Megafusion zwischen Thalia und der Mayersche Buchhandlung kommen. Darunter wird die Vielfalt leiden.

Schwierige Zeiten

Keine Frage, der Buchhandel macht schon seit längerem schwierige Zeiten durch. Wie heisst es doch so schön am Anfang von Herr der Ringe „Die Welt ist im Wandel“. Fun Fakt: das Zitat am Anfang des Films (erster Teil) kommt so nicht im Buch vor.
Zurück aber zum Buchhandel. Es wäre jetzt ein leichtes, alles Schuld auf amazon zu schieben. Das der Online-Großhändler seinen Teil dazu beigetragen hat, wird niemand abstreiten. Fairerweise sollte man jedoch auch akzeptieren, dass amazon eine Entwicklung (extrem) beschleunigt hat.

Um das Mal an einem alten Beispiel zu erklären: in den ersten Jahren meines Studiums gab es in Bielefeld eine Reihe von sehr guten Buchhandlungen. Als ich mich für Internettechnologie zu interessieren begann, konnte ich darüber auch US-amerikanische Fachbücher bestellen. Allerdings mit einem saftigen Aufschlag für den Dollarkurs. Ich stieß dann auf eine Bestellmöglichkeit bei etwas, was sich amazon nannte. Dort konnte ich zu einem fairen Preis die Bücher bestellen. Natürlich kalkuliert ein Händler ohne eigenes Ladengeschäft anders. Viele Kunden, mich eingeschlossen, denken zum Teil aber auch mit ihrem Portmonee.

Buchhandel — Schwamm drüber

Buchhandel — Schwamm drüber

Technischer Wandel

Eine Herausforderung für den Buchhandel stellt auch der technische Wandel dar. Nein, hiermit sind nicht die E-Book Reader gemeint. Nach wie vor haben die einen eher geringen Marktanteil. Technischer Wandel bezieht sich hier auf die Erhöhung des Angebotes an Medien — nicht nur Bücher. Von einer Zeit, in der es nur drei öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme gab hin zu einem Zustand, wo man sich jederzeit berieseln lassen kann. Streamingdienste wie Netflix haben eine so attraktives Angebot, dass sie eine gehörige Menge Freizeit in Anspruch nehmen — Zeit, die dann etwa für das Lesen von Büchern fehlt. Dazu kommen Aufmerksamkeitskiller wie Sozial Netzwerke. Mit anderen Worten: Bücher haben einen schweren Stand. Zudem meine ich im vergangenen Jahr gelesen zu haben, dass es bei den Leserinnen und Lesern zunehmend ein Nachwuchsproblem gibt.

Vor diesem Hintergrund sehe ich die große Fusion  im Buchhandel skeptisch. Damit lässt sich der Wandel nicht aufhalten, es werden nicht urplötzlich wieder Unmengen Bücher gekauft. Im Gegenteil ich fürchte sogar, es wird den Niedergang beschleunigen, weil grade große Buchhandler meiner Meinung nach nur wenig Seele haben. Hartmut Falter, Inhaber und Geschäftsführer der traditionsreichen Mayerschen Buchhandlung, ließ sich zur Aussage hinreißen, „die Mayersche und Thalia haben das gleiche Verständnis vom Buchhandel“. Für mich als Kunde haben beide Unternehme bisher ein völlig anderes Profil, eine andere Seele.

Zukunftschancen beim Buchhandel

Wenn der Buchhandel Bücher als Kulturgut erhalten möchte, dann wird dies nicht möglich sein, in dem man Bücher als reine Absatzware betrachtet. Es erfordert engagierte Buchhändler, die ihre Kunden begeistern. Persönlich finde ich etwa das, was der Buchladen Nippes  leistet, großartig. So sieht Kunden(ein)bindung aus, ein Kulturprogramm ergänzt und macht Lust auf Buch.
Man muss nicht größer werden oder alles mögliche jenseits von Büchern anbieten, nein, man muss das Buch so attraktiv machen, so das andere Freizeitbeschäftigungen weniger hell leuchten.

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