Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Autobahn freie Fahrt

Deutsche Autobahnen sind rund um den Globus bei Autofahrern aufgrund des fehlenden Tempolimits beliebt. Ein ganzes Land wird so zur Teststrecke.

Freie Fahrt für freie Bürger ist ein Slogan aus einer anderen Zeit. Dennoch verbindet die Autobahn nach wie vor Menschen und Emotionen.

Kindheit auf der Autobahn

Meine Kindheitserinnerungen an die Autobahn sind mit Kotzen verbunden. So offen und ehrlich muss man das einfach sagen. Ursache dafür ist der Umstand, dass mir beim Autofahren schlecht wird. Nicht nur ein wenig, sondern ziemlich. Längere Strecken als Mit- oder Beifahrer waren daher für mich die Hölle. Selber fahren konnte ich damals ja noch nicht.

Das Gefühl von unbegrenzter Freiheit stellte sich auch heute noch nicht ein, wenn ich an den Begriff Autobahn denke. Beim lesen des Artikels „Volle Kraft voraus“ in der heutigen Süddeutschen Zeitung hatte ich daher entsprechend andere Assoziationen. Für mich sind Autobahnen so etwas wie verlorenen Plätze. Lange Betonbänder, die die Landschaft zerschneiden. Eher ein notwendiges Übel als eine Projektion von Sehnsüchten.

Reisen und Freiheit sind für mich schon sehr lange mit der Bahn verbunden. Nicht nur, weil ich als Kind und Jugendlicher als Angehöriger eines Bahnmitarbeiters Freifahrten hatte, sondern auch, weil ich im Zug wirklich entspannt reisen konnte. Mir wird nicht schlecht, ich kann ohne Probleme lesen oder schlafen. Bahnhöfe sind für mich daher ein Versprechen von Freiheit. Die tatsächliche Geschwindigkeit spielte nie eine Rolle.

Unterwegs ohne Tempolimit

Unterwegs ohne Tempolimit

Geschwindigkeit auf der Autobahn

Auch vor dem heutigen SZ-Artikel wusste ich schon, wie es um die Geschwindigkeit auf deutschen Autobahnen bestellt ist. Es gibt hierzulande nämlich kein Tempolimit. Im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern. Interessant in dem Zusammenhang ist auch eine andere Statistik, die die SZ im Artikel aufführt. Obwohl Deutschland was die Größe angeht, auf Platz 63 liegt, kommt es im Hinblick auf die Länge des Autobahnnetzwerkes auf Platz 5.

Meiner Meinung sagt das sehr viel über die Beziehung hierzulande zur Autobahn und auch zum Autofahren. Vorhaben, ein Tempolimit einzuführen, scheitern regelmäßig am Widerstand der deutschen Autolobby. Auch wenn Rasen eindeutig im Zusammenhang mit Unfällen steht, keilt etwa „Mobil in Deutschland e. V.“ gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung und wirbt damit, „Deutschland hat gute Autofahrer, gute Autos und gute Autobahnen“. Für mich sind sie damit so was wie die NRA in den USA. Nur das es bei uns in Deutschland keinen 2. Zusatzartikel zur Verfassung gibt, der unser Verhältnis zum Automobil, dessen Besitz und seiner Benutzung regelt.

Sicher ist es so, dass ich eine besondere Sichtweise habe. Sie entspricht nicht nur meiner Prägung aus Kindheit und Jugend, sondern auch einer jahrelangen autofreien Haltung. Die wiederum, und das kann man dann schon kritisieren, ist das Luxusprodukt eines Lebens in den passenden Städten. Ein Autoverzicht auf dem Land ist nämlich für Fortgeschrittene.

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