Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Seit einigen Jahren schon im ich nicht nur hauptsächlich Fußgänger, sondern fühle mich auch so. Das ist an sich nicht schlimmes, im Gegenteil. Ob man dadurch nur noch eingeschränkt mobil ist, hängt stark von der eigenen Lebensführung, der Wohnung und dem Wohnumfeld ab. Das soll aber nicht Thema heute sein.

Als Fußgänger unterwegs zu sein bedeutet für mich auch immer, alle meine Sinne zu schärfen um nicht auf der Strecke zu bleiben.

MemoryCatcher / Pixabay

Im Straßenverkehr gibt es eine Art Futterkette. An deren Spitze steht der Autofahrer und am unteren Ende der Fußgänger. Dazwischen gibt es noch beispielsweise die Fahrradfahrer. Man sollte aber nicht dem Irrglauben verfallen, sie wäre die natürlichen Verbündeten der Fußgänger im „Kampf“ gegen die Autofahrer. Wenn es um Rücksichtslosigkeit geht, stehen einige Fahrradfahrer den Autofahrern um nichts nach. Der einzige Unterschied aus Sicht eines Fußgängers ist der, dass ein Zusammenstoß mit einem Fahrrad mit hoher Wahrscheinlichkeit weniger dramatisch ausgeht als mit einem Auto.

Das selbst Fußgänger untereinander rücksichtslos sein können, ist für mich dann ein weiterer Beleg dafür, woran es im Straßenverkehr wirklich mangelt: am gegenseitigen Respekt

Gegenseitiger Respekt, der Fairness und Rücksicht mit sich bringen würde statt dem Glauben an die Dauervorfahrt für einen selber. Lange Zeit fühlte ich mich als passionierter Fahrradfahrer. Bis zu jenen erst unangenehmen Begegnungen mit Autofahrern in Bielefeld. Deren Rücksichtslosigkeit löst bei mir Angst aus, die zu einer Blockade führte. Mir wurde die Lust am Fahrradfahren verleidet, weil ich mich dem gefühlten Risiko nicht mehr aussetzen wollte. Unter die Rede gekommen wäre ich, weil andere schneller sein wollten und ohne Rücksicht überholten, rechts überholten oder die Vorfahrt missachteten.

Schneller sein als andere — klar kenne ich aus meiner Zeit als Fahrradfahrer den Rauschzustand, der bei so was entsteht. Es macht aber einen Unterschied, ob man am Niederrhein auf einem Deich ohne Gegenverkehr mit dem Fahrrad unterwegs ist oder ob man in einer Stadt fährt.

Höhere Geschwindigkeiten im dicht besiedelten Raum halte ich für unangebracht — insbesondere dann, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Während ich „normales“ Rasen schon für weit mehr als ein Kavaliersdelikt halte, gilt meine besondere Missbilligung denjenigen, die den öffentlichen Raum für Wettrennen benutzen. Für Wettrennen, bei denen die Gefährdung anderen Menschen billigend in Kauf genommen wird, so wie bei dem Autorennen im Februar 2016 in Berlin. Ein Unbeteiligter 69-Jähriger wurde dabei getötet.

Für mich ist das von Anfang an keine fahrlässige Tötung gewesen, sondern im strafrechtlichen Sinne Mord. Hier wurde vorsätzlich gehandelt und der Tod anderen Menschen in Kauf genommen. Das die Richter des Berliner Landgerichtes jetzt ein Urteil sprachen, welches die Tat als Mord einstufte, ist gut und richtig. In einem solchen Fall muss Härte gezeigt werden. Das ist man dem Opfer schuldig genau so wie der Gesellschaft, für die ein deutliches Signal gesetzt werden muss.

Der Straßenverkehr ist kein rechtsfreier Raum. Rücksichtsloser Autofahrer (und auch Fahrradfahrer) müssen härter sanktioniert werden — eben auch um die Schwächeren zu schützen.

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