Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Es gibt Tage wie heute, an denen schon mit dem lesen der ersten Schlagzeile in der Tageszeitung der restliche Tag gelaufen ist — oder zumindest die Lauen gründlich verdorben.

Mir ging es so als ich über meinen „Lieblingspolitiker“ stolperte. Der SPD-Fraktionschef von Nordrhein-Westfalen, Norbert Römer, habe sich für den Parteichef als Kanzlerkandidaten ausgesprochen, hieß es in der Süddeutsche Zeitung. Weiter schreibt die Süddeutsche Zeitung:

Damit stellt sich der größte SPD-Landesverband klar hinter Gabriel.

Wie die SZ zu der Schlussfolgerung kommt, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel, denn aus der Meinung eines Einzelnen, auch wenn er der Ministerpräsidentin nahesteht, wird noch lange nicht die Rückendeckung des gesamten Landesverbandes. Hier gebe ich die Hoffnung auf einigermaßen demokratische Prozesse innerhalb der Partei noch nicht auf.

FrankWinkler / Pixabay

Man kann sich halt auch etwas herbeischreiben, so wie Genosse Römer es in seinem Plädoyer für Gabriel getan hat. Ich jedenfalls halte Gabriel nicht für den richtigen Mann für die Sache der SPD und sehe ihn schon gar nicht als Kanzlerkandidaten — jedenfalls nicht, wenn die SPD den Hauch eine Chance haben will bei der nächsten Bundestagswahl.

Die Argumentation von Römer ist eigentlich auch keine Argumentation. Was soll es heißen, wenn man schreibt:

Sigmar Gabriel spricht die Sprache der Menschen, er duckt sich nicht weg. Das ist eine Eigenschaft, die die Menschen gerade auch in Nordrhein-Westfalen schätzen.

Es ist lediglich eine Behauptung. Im dem Stil geht es in dem mageren Text von Römer im Blog der Republik weiter. Ehrlich, von einem Fraktionsvorsitzenden im Landtag kann man mehr erwarten als schwärmerische Schülerzeitungsprosa.

Wenn es überhaupt einen Grund für Gabriel dann nur den, dass man mit seiner Aufstellung als Kanzlerkandidaten keinen geeigneteren bei der kommenden Bundestagswahl verschleissen muss. Gabriel wird in jedem Fall verlieren und wird dann keinen zweiten Anlauf mehr bekommen.

Merwürdigerweise besserte sich meine Laune aber im weiteren Verlauf des Frühstücks. Verantwortlich dafür war ein Artikel über den Parteitag der Labour Partei in Liverpool. Berichte über Parteitage sind, sagte wir mal, nun ja. Das was an dem Bericht und erst recht am Parteitag so besonders war, dafür ist der Vorsitzende von Labour, Jeremy Corbyn, verantwortlich. Ein Mann, der keinen Flirt mit Rechts oder Mitte nötig hat, sondern sich links positioniert und zu dem steht, was man vielleicht sogar als Ideale bezeichnen würde.

Der Vorsitzende Corbyn wird von den meisten Labour-Abgeordneten mehr oder weniger gehasst, aber von der Basis geliebt. Die hatte ihn auch wieder gewählt und das, obwohl die Partei-Elite Corbyn im Vorfeld die Wahl so schwer wie nur möglich gemacht hatte.

Labour wird geradezu überrannt von jungen Menschen, die sich selber politisch links sehen. Dabei geht es erstmal nicht darum, eine Mehrheit in der Gesellschaft zu finden, sondern sich selber als Labour-Partei wieder zu finden. Zurück zu finden zu dem, was einen ausgemacht hat und die Bande zu den Gewerkschaften wieder enger zu knüpfen.

Möglich wurde das alles durch eine vereinfachte Möglichkeit, Mitglied in der Labour-Partei zu werden. Vielleicht ist es ja doch eine gute Idee in Bezug auf die SPD, die Partei zu öffnen. Quasi klar zum entern zu machen.

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