Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gedrosselte Redakteure beim KSTA

Die Telekom bescherte ihren Kunden nicht nur einen Quasi-Zwang zur Umstellung auf die Voice-over-IP-Technik, sondern Anfang der Woche mal wieder neue Tarife. Diesmal für die Festnetzsparte unter dem Begriff „Magenta für Zuhause“. Angeboten werden drei Geschmacksrichtungen, S, M und L welche sich nicht nur preislich sondern auch in Bezug auf die Geschwindigkeit unterschieden. Mehr zahle bedeutet entsprechend schneller surfen. Soweit wäre das noch kein Thema für einen Blogeintrag, zumal sich für Bestandskunden wenig ändert.

Laut Meldung im Kölner Stadt-Anzeiger von gestern wird die Geschwindigkeit in den Tarifen nicht gedrosselt, wenn man eine bestimmte Volumengrenzen überschritten hat. Wäre interessant, aber eher nur am Rande. Spannend wird das ganze Thema erst durch den Kommentar im KSTA (Am Donnerstag, den 16. Oktober im Wirtschaftsteil des KSTA) von Frank Wenzel, der gnadenlos auf die Kritiker einer möglichen Drosselung einschlägt.

Erinnern Sie sich noch? Vor gut anderthalb Jahren wurde von Netzaktivisten schon beinah das Ende des freien Internets beschworen — die Telekom kündigte damals Tarife mit Datendrosselung an […]
Quelle: KSTA, 16.10.2014, S. 12

Wenzel bezeichnet das als überzogene Hysterie. Gleichzeitig prognostiziert er, dass künftig auch bei der Telekom Drosseltarife kommen werden. Schließlich würde diese, so seine Argumentation, den Wettbewerb vorantreiben. Eine merkwürdige Vorstellung. Man stelle sich drei konkurrierende Eisdielen vor. Eine davon fängt an, die Portionen zu verkleinern, gleichzeitig aber die Preise zu senken. Für weniger Geld bekommt man entsprechend weniger. Wie das den Wettbewerb ankurbeln soll, ist rätselhaft.

Aber gut, die meisten Internetnutzer benötigen laut Wenzel gar nicht so ein großes Datenvolumen:

[…] für E-Mail nutzen, gelegentliche Videos auf YouTube anschauen oder die Online-Ausgabe von Tageszeitungen […]
Quelle: KSTA, 16.10.2014, S. 12

entstünden gar keine großen Datenmengen. Da spricht der „gut“ recherchierende Redakteur. Man sollte wirklich eine Vorstellung davon haben, was wie viel tatsächlich verbraucht. Gerade beim KSTA ist das Thema ein rotes Tuch für mich, denn im ersten Monat meiner Umstellung auf die rein digitale Ausgabe habe ich zum aller ersten Mal überhaupt die Grenze meines mobilen Datentarifs gerissen. Und die liegt bei 1 GB. Die App vom KSTA benötigt eine Internetverbindung für die korrekte Anzeige der Artikel und lädt auch munter nach.

Man muss schon einen sehr großen Bogen um aktuelle Berichte gemacht haben, um dermaßen blind zu behaupten, bei „normaler“ Nutzung käme man doch mit einem gedrosselten Tarif aus. Telekom-Kunden mit einem Spotify-Tarif haben sich nämlich in den letzten Monaten darüber gewundert, dass trotz Musik-Flate ihr Datentarif aufgebraucht war — weil die Anzeige des hochauflösenden Alben-Cover eben keine Musik ist…

Drosselungen sind, um es auf den Punkt zu bringen, ein Rückschritt. Sowohl für den Verbraucher als auch für die Wirtschaft. Streaming-Angebote wie Netflix, das Ausleihen von Filmen über das Internet und vieles mehr würde gar nicht möglich sein mit einer Drosselung.

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