Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Mit einer unzutreffenden oder in diesem Fall zum Teil unzutreffenden Überschrift falsche Erwartungen zu wecken, ist erstaunlich leicht. Um Jesus geht es hier zwar tatsächlich, aber, sagen wir, eher um ohne als literarische Figur. Star des Abends war eigentlich der Autor Andreas Eschbach, der in Köln in der Mayerschen Buchhandlung am Neumarkt aus seinem neuen Buch „Der Jesus-Deal“, eine Mischung aus Prequel und Sequel zu seinem erfolgreichen Roman „Das Jesus Video“.

eschbach-10-2014

Kennen sollte man vor allem das Buch, weniger die Verfilmung von „Das Jesus Video“ — zum Video später noch eine treffende Äußerung von Eschbach selber.

Im Roman geht es um ein Skelett, das bei einer archäologischen Ausgrabung gefunden wird und 2000 Jahre alt ist. Dabei liegt eine Bedienungsanleitung einer Videokamera, die erst in drei Jahren auf den Markt kommen wird. Der Gefundene ist scheinbar ein Zeitreisender, welcher wahrscheinlich Jesus Christus filmte. Die Finder vermuten nun, dass seine Kamera noch irgendwo vergraben ist. Ein Wettlauf zwischen dem Geldgeber der Grabungen, dem Studenten Stephen Foxx und dem Vatikan, der ein solches Video überhaupt nicht veröffentlicht sehen will, beginnt.
Quelle: Wikipedia

Von Eschbach stammen auch noch weitere Romane, über die ich hier im Blog bereits mehrfach geschrieben habe. Zudem sollte man die für Autoren hilfreiche „10-Punkte-Text-ÜV“ erwähnen, dabei gleichzeitig Papyrus allein schon aus ästhetischen Gründen verschweigen.

Der Weitschweifigkeit der Einleitung ist vermutlich anzumerken, dass ein Teil dieses Textes vor der Lesung, wartend auf die Kirchenglocken, respektive den Autor, entstanden ist.

Dieser Roman beginnt dort, wo DAS JESUS-VIDEO endet – und endet dort, wo das JESUS-VIDEO anfängt!

Für meine Frau (die nur leicht weniger Bücher von Eschbach gelesen, dafür aber zu 100% mehr Hörbücher als ich gehört hat) und mich war (ist) es die erste Lesung von Eschbach.

Kommen wir zur Lesung, zu Eschbach live und vor allem zu Videokasette — darauf liebe nachfolgenden Generationen, hat man früher Aufnahmen aufgezeichnet, in einer Zeit, als es weder YouTube, Internet noch die Möglichkeit gab, selbst den größten Mist mit seinem Smartphone zu filmen und tausendfach zu teilen.

Das Buch ist Anfang Oktober bei Lübbe erschienen (was auch den Ort der wohl ersten Lesung erklärt, denn der Lübbe Verlag hat seinen Sitz hier auf der anderen Rheinseite), was Eschbach selber mit den Worten kommentierte: „Ich habe das Buch erst seit anderthalb Wochen, wusste aber schon was drin steht.“ So sein Einstieg vor dem Lesepublikum was direkt beweist, Eschbach versteht sich auch auf feinsinnigen Humor — das Adjektiv ist hier nötig, um die Abgrenzung zu einer grassierenden Art von „Humor“ zu schaffen.

Eine Lesepause beim Befüllen seines Wasserglas kommentierte er entsprechend mit „Nicht das die denken, ich mach es jetzt künstlich spannend.“ Dabei war künstlich Spannung nicht notwendig, die Handlung reichte vollkommen aus, auch wenn man sich als Zuhörer eine etwas betontere Lesung gewünscht hätte. Aber es halt häufig so, wer gut schreiben kann, ist nicht unbedingt ein perfekter Vorleser — dafür aber manchmal ein schöner Verleser. „Wie sich Wort Gottes noch wirkungsloser verbreiten ließe“ sorgte jedenfalls für Erheiterung beim Publikum.

Vom schreibtechnischen Aspekt ist der Anfang des neuen Buches „Der Jesus-Deal“ interessant zu beobachten (man lässt einfach die „Fundstücke“ weg und geht unmittelbar an den eigentlichen Anfang). Die Handlung setzt mit der Perspektive der Figur Isaak ein. Mitten in einem spannenden Moment wird sie unterbrochen, und eine weitere Figur tritt in Erscheinung:

„Und dann?“ Michael sah durchaus, dass sein großer Bruder todmüde war von dem Flug und allem.
Quelle: „Der Jesus-Deal“ von Andreas Eschbach

Der große Bruder hier ist Issak, der seinen jüngeren Bruder berichtet. An der Stelle der Unterbrechung wechselt im weiteren Verlauf die Erzählperspektive rüber zu Issak. Der Leser bekommt erstmal einen unmittelbaren Einstieg, während der Autor im späteren Verlauf durch den Wechsel ein Geheimnis ganz offen verbergen kann.

Eschbach beendet seine Lesung nach dem dritten Kapitel und stieg ein in eine offene Fragerunde mit dem Hinweis: „Fragen, die sie irgendeinem Autor vielleicht sogar mir stellen wollten.“ Ein paar seiner Antworten auf die Fragen der Zuhörer konnte ich mitschreiben und gebe sie mal unkommentiert wieder. Sie sprechen zum größten Teil so für sich, dass man sich den Rest (und auch die Frage) dazu selber denken kann:

„Ein Jahr ein Buch – ich mach ja sonst nichts anderes.“

„Was Gott und mich angeht, wir machen das privat aus. Wenn das jeder täte, lebten wir in einer besseren Welt.“ — Eschbach zum Thema Glauben, Versicherungsvertreter Mentalität, Erfahrungen aus der Kindheit.

„Ein Schriftsteller lügt, wann immer es ihm in den Kram passt.“ – Zitat von Marcel Reich-Ranicki wiedergegeben von Eschbach

„Fünf Freunde auf den Mars“ — wie Eschbach vom arena Verlag gefragt wurde, einen Science Fiction für Jugendliche zu schreiben.

„Mein Sohn ist über 30 und aus dem gröbsten raus“. Auf die Frage, ob man eigene Kinder benötigt, um einen Jugendroman zu schreiben.

„Die so genannte Verfilmung. Der Film stimmt etwa 30 Sekunden mit dem Buch überein. Wenn ich etwas dran loben kann, dann die Filmmusik. Es ist halt so geworden, wie es ist.“

„Es gibt andere Filmprojekt, aber wenn ich ihnen darüber etwas erzählen würde, müsste ich sie hinterher töten.“

„Gäbe es ein Naturgesetz, nach dem Schriftsteller erst sterben können, wenn sie keine Ideen mehr haben, würde ich 300 Jahre alt werden.“

„Von der Idee zum Buch sind es im Durchschnitt 6 Jahre.“

Fazit: Andreas Eschbach ist als Autor gut, als Mensch wahnsinnig unterhaltsam. Um nicht zu sagen, weniger Lesung und mehr frei plaudern hätte mit Sicherheit den unterhaltsamsten Abend (*wink*) ergeben. Schließlich kann man das Buch zu Hause noch im stillen Kämmerlein lesen. Auf das Buch selber freue ich mich auf jeden Fall schon mal, auch wenn ich mir vorgenommen haben, den Vorgänger noch mal zu lesen, einfach auch, um in die Geschichte rein zu kommen und Zusammenhänge besser zu verstehen.

4 Kommentare

  1. Tja leider hatte ich gestern Abend keine Zeit, aber überlegt dort hinzugehen hatte ich auch, hätte mich gefreut Euch zu sehen. „Das Jesus-Video“ und auch die anderen Eschbachs haben mir richtig gut gefallen. „Der Nobelpreis“ wartet noch darauf gelesen zu werden…so wie viele andere Bücher. Beste Grüße!

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