Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Ich gehöre einer Generation an, die sich noch recht gut an eine Zeit ohne Angela Merkel als Bundeskanzlerin erinnern kann. Ebenso gebe ich die Hoffnung nicht auf, auch einer Generation anzugehören, die noch eine Zeit ohne Angela Merkel als Bundeskanzlerin erleben wird. Wenn man sagt, Merkel mache alles richtig, dann schwingt oft auch eine nicht unberechtigte Unterstellung mit. Wer sich durch abwarten und Stillstand auszeichnet, macht durch nichts machen auch eben nichts falsch. Der Oskar für die GZAZ (Größte Zauderin aller Zeiten) wäre Angela Merkel in jedem Fall sicher.

Wie dem auch sei, heute feiert die Bundeskanzlerin ihren 60. Geburtstag. Da ich eben nicht zu ihrem engsten Freundeskreis gehöre, bekam ich keine Einladung zu ihrer Geburtstagsfeier. Es ist kein Geheimnis, dass ich Merkel eher kritisch sehe. Trotzdem muss auch ich gestehe, dass die Frau zumindest ein paar Sachen trotz der eingehenden Behauptung richtig gemacht hat. Andernfalls würde sie sich auch nicht so lange an der Macht halten. Ob man mit dem, was sie tatsächlich richtig gemacht hat, einverstanden ist, steht auf einem anderen Blatt.

Was ich an Angela Merkel als Mensch schätze, ist ihre immer wieder durchscheinenden Bodenständigkeit. Ihre ganze Art hebt sie auch wohltuend ab vom männlich dominierten Alphatier-Zirkus, genannt Bundestag. Jemanden an der Spitze der Bundesregierung zu haben, der offensichtlich nicht Testosteron gesteuert ist, empfinde ich als wohltuend. Ungewollt ist Angela Merkel auch zu einer Marke geworden. Wer sie will, wählt CDU, auch wenn er sich ansonsten von diese Partei nicht angezogen fühlt (ich komme darauf später noch mal zurück). Die Partei verschwindet vollständig hinter der Person Merkel. Inhaltlich hat sie der CDU auf einen Kurs gebracht, der von dem längst verstorbene CDU-Mitglieder wohl gesagt hätte, dieser würde direkt nach Moskau führen.

Zur ihren Stärken gehört es, den Menschen glauben zu machen, alles würde gut. Ein Regierungsprogramm als Wiegenlied für die ganze Nation. Wenn man uns nur lange genug ihre Vorstellungen eingeflüstert werden, glauben wir es am Ende wirklich. Während sie in der NSA-Affäre nur zögerlich handelt, mit Samthandschuhen agiert, weiss man aus der Vergangenheit, dass sie durchaus auch anders kann. Ihre Gegenspieler in den eigenen Reihen haben das oft genug zu spüren bekommen, der größte Teil wurde abserviert oder kaltgestellt. Wenn ein Thema richtig hochkocht in der öffentlichen Meinung, kann sie selber schnell ursprüngliche Positionen über Bord werfen und einen anderen Standpunkt vertreten — wie in der Atompolitik nach Fukushima.

Werfen wir gemeinsam einen kurzen Blick in die Zukunft, auf die nächste Bundestagswahl und setzen wir voraus, dass sie wieder antritt. Ihr Gegenspieler aus den Reihen der SPD wir mit hoher Wahrscheinlichkeit der derzeitige Parteivorsitzende und Vizekanzler Sigmar Gabriel sein. Für mich steht fest, dass ich unter Berücksichtigung aller Informationen und Einschätzungen zur Person Gabriel diesen garantiert nicht wählen werde. Das sage ich ganz bewusst als SPD-Mitglied. Ich halte Gabriel als Bundeskanzler für untragbar. Sowohl für die Partei als auch für das Land. Vor die Wahl gestellt, noch mal Merkel oder aber Gabriel als Bundeskanzler zu bekommen, ist meine Entscheidung klar — und vermutlich bin ich nicht der Einzige, der sich so entscheiden würde.

Für die CDU ist Angela Merkel allerdings auch ein Risiko. Die Frage, wer ihr nachfolgen wird, lässt sich kaum beantworten. Die einzig wirklich starke Person im Kabinett auf Seiten der CDU ist Ursula von der Leyen. Konsensfähig in ihrer Partei dürfte sie jedoch nicht sein. Wenn man also Angela Merkel etwas zum Geburtstag wünschen sollte, dann wohl Gesundheit und den Willen, weiterhin ihr Amt bekleiden zu wollen.

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