Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Heute Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Ein Einkauf im Supermarkt. An der Kasse saß zu meiner Überraschung Hannelore Kraft. Während sie die Waren über den Scanner zog, unterhielt ich mich mit ihr. Sie würde stundenweise im Supermarkt aushelfen, um den Menschen nah zu sein, für die sie verantwortlich ist als Ministerpräsidentin.

Dieser Traum scheint mit symptomatisch für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und das Wahlergebnis zu sein.

Vorläufiges amtliches Endergebnis
  • SPD 39,1% (+4,6)
  • CDU 26,3% (-8,3)
  • Grüne 11,3% (-0,8)
  • FDP 8,6% (+1,9)
  • Linke 2,5% (-3,1)
  • Piraten 7,8% (+6,2)

Die SPD in NRW hat nicht etwa gewonnen, weil sie unbedingt das bessere Wahlprogramm hatte, sondern hauptsächlich wegen Hannelore Kraft, die zusammen mit Silvia Löhrmann von den Grünen in den letzten zwei Jahren hervorragende Arbeit geleistet hat. Der Wahlkampf der SPD war überwiegend ein personeller Wahlkampf, zugeschnitten auf Kraft, die ihre Rolle als fürsorgende „Landesmutter“, mustergültig ausfüllte. Die Menschen im Land hat das überzeugt. Dagegen konnte Norbert Röttgen, der kühl kalkulierende Bundesumweltminister, nicht punkten. Nicht nur, weil er sich die Option für eine Rückkehr nach Berlin offen gehalten hat, nie aus vollem Herzen ja zu NRW gesagt hat. Sondern auch, weil er einsparen wollte, ohne konkret sagen zu können, an welcher Stelle. Seine Ideenlosigkeit, die zuletzt sogar in Mutlosigkeit umgeschlagen war, konnte man ihm deutlich anmerken. Im Ergebnis hat er es mit 16 Prozent der Erststimmen nicht mal geschafft, seinen eigenen Wahlkreis zu holen.

Vom Bundesvorstand der SPD wurde recht schnell nach Schließung der Wahllokale und Bekanntgabe der ersten Prognosen Hannelore Kraft als mögliche Kanzlerkandidatin der SPD für die Bundestagswahl 2013 ins Spiel gebracht. Kraft selber lehnt dies ab, weil sie sich den Menschen in Nordrhein-Westfalen verpflichtet fühlt. Das ist ehrlich und sie wird das auch genau so meinen. Allerdings ist sie tatsächlich die beste Karte im Spiel. Betrachtet man das derzeitige Trio aus möglichen Kandidaten in der SPD, so besteht es mit Gabriel, Steinmeier und Steinbrück ausschließlich aus Wahlverlierer. Zudem würde es keiner der drei genannten schaffen, die breite Bevölkerung für sich zu gewinnen. Jeder für sich hat klare Stärken, spricht aber nur einen Teil der Wählerinnen und Wähler an. Kraft hätte als einzige die Chance, die notwendige Stimmen auf sich zu vereinen. Sie wäre eine hervorragendes Gegenkandidatin zur derzeitigen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Problem der SPD ist eine Merkel, die in weiten Teile viel zu sozialdemokratisch rüber kommt. Auch wenn es der CDU nicht gefällt, ist es es doch genau die Gewinnoption für 2013. Mit Kraft als Kanzlerkandidatin würde Merkel ernsthafte Schwierigkeiten bekommen und letztendlich die Wahl verlieren. Die Menschen bevorzugen im Zweifelsfall das Original – und das heisst Hannelore Kraft, die nicht nur authentisch, sondern wirklich sozialdemokratisch ist.

Von den Optionen in der Bundespolitik wieder zurück in die Landespolitik, genauer gesagt nach Köln. Die SPD hier ist in den Wahlkampf gezogen mit dem Spruch „Sieben für Köln“ und dem erklärten Ziel, alle sieben Direktmandate im Wahlkreis zu holen. Das ist ihr zum großen Entsetzen der CDU gelungen. Ein Stück weit lag das wohl auch an der CDU in Köln selber, die es mit internen Querelen geschafft hat, sich selbst zu entleiben. Der Wahlkreis Köln I von Andrea Verpoorten (CDU) ging wieder zurück an Ingrid Hack (SPD).

Überrascht hat viele auch das gute Abschneiden der FDP. Von prognostizierten zwei Prozent am Anfang des Jahres haben sie es auf 8,6 Prozent geschafft. Auch hier war es wohl vor allem eine Person, der die Liberalen das Ergebnis zu verdanken haben: Christian Lindner. Von ihm und Phillip Rösler habe ich auch geträumt. Sie standen im Wahlstudio des WDR zusammen mit einem von den Jungliberalen, vor sich ein volles Glas Sambuca. Während Linder sich zum gehen wandte, erklärte Rösler dem Nachwuchsliberalen, wie man Sambuca richtig trinkt. Dazu müsse der Alkohol entzündet werden. Rösler zog ein rotes SPD-Feuerzeug hervor und entzündete den Sambuca im Glas. Keine Ahnung, was sich mein Gehirn da ausgedacht hat. Mit Sicherheit aber dürfte nicht Lindner, sondern Rösler derjenige sein, der jetzt gehen wird.

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