Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Als ich mich vor über 20 Jahren in meiner vegetarischen Phase befand, war diese Form der Ernährung ein Stück weit auch Protest. Sich absetzen, anders sein. Genauso skeptisch, wie ich damals den Fleischkonsum gesehen habe, betrachteten wir im Freundeskreis das deutsche Vereinswesen.

An meiner Haltung bezüglich Fleisch hat sich zwar etwas geändert. Mittlerweile würde ich mich als Flexitarier bezeichnen. Wenig Fleisch, dafür dann aber bewusst genießen und wenn möglich echtes Bio-Fleisch (also nicht die Mogelpackung aus dem Supermarkt). Hinsichtlich der Vereine habe ich mir die Haltung bewahrt. Sportvereine zum Beispiel, kein Thema, halte ich für wichtig und notwendig – vor allem als gutes Gegengewicht zu Fitnessstudios. Aber nicht für alles muss es einen Verein geben. Oder anders gesagt: Wenn in Deutschland jemand keine Wurst ist, gründet er direkt einen Verein. Das es so was wie „Deutscher Vegetarier Bund“ gibt, ist für mich schwer nachvollziehbar.

Auch wenn ich gerne Tee trinke, käme ich nicht auf die Idee, einem Verein beizutreten, der sich die Förderung des Teekonsums auf die Fahne geschrieben hat. Dinge wie Ernährung sind meiner Meinung in erster Linie Privatsache – für die Einsicht habe ich etwas länger gebracht. Sicher, Fleisch ist ein Thema, bei dem man schnell nicht nur moralisierend wird, sondern auch einen missionarischen Eifer entwickelt. Ich kenne diese Phasen gut genug aus meinem eigenen Leben.

Ein Tier ist ein Lebewesen, welches Schmerz empfindet und leidet. Als neulich ein Kollege mit einem XXL-Schnitzel vom Discounter in die Küche marschierte, war das auch wieder so ein Moment, wo mir der ganze Wahnsinn der Massentierhaltung schmerzlich bewusst wurde. Das Problem ist meiner Ansicht nach nicht der Fleischkonsum an sich, sondern die Entwertung des Lebensmittels, die dahinter steckt. Würde Fleisch Bedeutung und Stellenwert haben, wie noch zu Zeiten unserer Großeltern – vieles wäre sicher besser, weil bewusster gegessen würde. Billig und in Massen. Dazu noch die Tatsache, dass große Mengen Fleisch weggeworfen werden. Wurst, wie wir sie kennen, macht Muh, weil es Teil eines Lebewesens gewesen ist. Für uns gegeben. Entsprechend respektvoll sollten wir auch damit umgehen – ganz ohne Verein.

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