Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Als die Tür endlich aufging, war es nicht das verheulte Gesicht von Vera Böckel, was Grönen zuerst auffiel.

„Frau Böckel, ich glaube sie haben da eine Laufmasche an ihrer Strumpfhose.“

Vera blickte an an sich herunter. Der Polizist hatte recht.
„Bin ich jetzt verhaftet?“

„Deswegen nicht. Aber ich würde sie bitten, uns ein paar Fragen zu beantworten und sich nicht wieder im Klo einzuschließen.“

„Es hat wohl auch keinen Sinn, wegzulaufen.“

„Wenn sie sich verdächtig machen wollen schon.“

Knutsen kam rüber zu den beiden. Am liebsten hätte er Vera einfach nur in den Arm genommen. Sie sah so verletzlich aus. Grönen interessierte nur die Aufklärung des Fall. Wenn es denn überhaupt noch einen gab. Knutsen zweifelte daran. Ein Anruf beim Staatsanwalt und der Alleingang von Grönen wäre hier und jetzt zu Ende. Allerdings bräuchte er dann mehr als einen dicken Mantel für die nächste Zeit im Dienst. Knutsen ließ sein Telefon wo es war und starrte auf seine Schuhspitzen. Vera wollte er lieber nicht ansehen.

Langsam wurde Grönen ungeduldig.
„Frau Böckel, wir waren bei der Akte stehen geblieben, bevor sie zum Klo mussten.“

„Also gut, es nützt wohl nichts, wenn ich weiter dazu schweige. Wenn sie die Akte einsehen, fällt es ihnen vermutlich auf. Die Unterschrift von Bergmann stammt nicht von ihm.“

„Sondern?“

„Von mir.“

„So was habe ich mir schon fast gedacht. Und warum habe sie das getan? Immerhin ist so was Urkundenfälschung und strafbar.“

„Herr G. hat mir nachgestellt.“

„Er hat ihnen nachgestellt. Das war aber wohl kaum alles, oder?“

„Nein. Er ist zudringlich geworden nach der Betriebsfeier im November.“

„Zudringlich geworden. Sie meinen…“

„Ja.“

„Und satt ihn anzuzeigen haben sie es lieber selber in die Hand genommen.“

„Mir hätte doch keiner geglaubt. Nicht mal in der Firma. Schließlich bin ich doch die Neue. Herr G. dagegen war hier schon lange beschäftigt.“

„Mich wundert es, dass er dann so einfach seine Kündigung hingenommen hat. An seiner Stelle hätte ich ein Gespräch mit dem Chef gesucht.“

„Hat er auch, aber keinen Termin bekommen.“

„Das haben vermutlich auch sie arrangiert. Trotzdem verstehe ich nicht, wieso er so einfach aufgegeben hat.“

„Hat er nicht. Er hat am Weihnachtstag noch mal versucht, anzurufen. Bergmann war nicht da, so dass ich mit ihm gesprochen habe. Ich habe ihm die Wahl gelassen zwischen der Kündigung oder seiner Frau alles zu erzählen.“

„Das wird wohl das letzte Telefonat gewesen sein, was Herr G. geführt hat.“

„Was wird jetzt mit mir?“

Knutsen fragte sich das auch gerade. Grönen konnte doch nicht ihr die Schuld am Selbstmord von G. geben.

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