Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Das Wochenende als arbeitsfreie Veranstaltung eignet sich ideal dazu, es randvoll mit Veranstaltungen zu packen (das geht dann zwar zum Teil an die Substanz, aber was will man machen).

Heute standen bei zwei Termine an, die zeitlich gut zueinander passten und auch noch in unmittelbarer Nähe stattfinden sollten. Um 11 Uhr der Frühjahrsempfang der KölnSPD im Museum Ludwig, Filmforum. So richtig motiviert war ich heute morgen nicht, freute mich dagegen aber auf „Kölner Kriminalgeschichte(n)“ um 14:00 an der Kreuzblume vor dem Dom.

Die SPD-Veranstaltung war dann besser als gedacht (was nicht nur am Frei-Kölsch lag). Die Idee von Tim Cremer (Vorsitzender des Stadtbezirks Innenstadt), vorab einen Kurzfilm zeigen zu lassen, war nicht nur wegen der Location hervorragend. Es sorgt für eine heitere Grundstimmung und führt noch mal vor Augen, dass Köln eine nicht unbedeutende Kulturstadt ist. Im weiteren Verlafu der Veranstaltung sprach Svenja Schulze, NRW-Wissenschaftsministerin nicht nur zur Bildungslandschaft NRW sondern auch zum Thema Atompolitik. Wenn man hört, dass RWE mit Biblis A täglich 1 Millionen Euro Gewinn macht, wird einem schon etwas komisch im Bauch.
Einer der Genossen unter den Zuhörern merkte bei der anschließenden Diskussion noch mal an, dass der Atom-Strom viel zu günstig sei, weil die Folgekosten nie berücksichtigt worden seien (genau das haben wir damals Anfang der 90er als Jusos auch schon gesagt). Von ihm kam auch der Hinweis, warum sich die AKW-Betreiber so heftig gegen die Stilllegung wehren. Sie fürchten die enormen Kosten des Rückbaus.

Nach ein paar Gesprächen unter Genossen am Buffet war es für mich dann an der Zeit, den Ort zu wechseln. Kaum hatte ich meine Füße vor der Tür, wurde ich auch schon von heftigem Regen begrüßt. Keine gute Ausgangssituation für eine Stadtführung. Kurzerhand versorgte ich mich daher noch mit einem neuen Regenschirm – was auf Grund der vielen Läden im Bahnhof keine Schwierigkeit war. Wieder draußen, hatte es natürlich aufgehört zu regnen – nur für einen kurzen Moment.

Kommen wir aber zu den Kölner Kriminalgeschichte(n). Bereits vor der Tour habe ich mich doch etwas über den Stadtführer gewundert, der ernsthaft Teilnehmern unserer großen Gruppe anbot, sie könnte auch bei seiner Kollegin ohne Aufpreis mitgehen statt bei ihm (natürlich gab es bei ihr ein ganz anderes Thema, „Hexen Dirnen Pest und Klüngel). Hätte ich geahnt, was mich in den folgenden 1,5 Stunden erwartet, wäre ich wohl mit seinem Rat besser bedient gewesen.

Für das Wetter kann er nichts, ebenso wenig für die türkische(?) Musikveranstaltung vor dem Dom. Alles weitere aber ist schlecht entschuldbar. Als Niederrheiner bin ich eine Erzählweise, bei der man „vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt“ durchaus gewohnt. Nur diese Art es an sich, dass man den Faden von einem Thema zu anderen spinnt, ohne sich zu verheddern, Maschen zu verlieren oder wieder an eine Stelle zurück zu springen. Zudem: ich erwarte von einer professionellen Stadtführung zwei Dinge. Erstens die Sicherheit im Stoff. Entweder kenne ich die Geschichten nur, oder ich kann sie richtig erzählen. Notizzettel wirken auf mich da etwas befremdlich, denn lesen kann ich selber. Zweitens erwarte ich von einer Stadtführung etwas, was bereits im Namen steckt. Eine Führung durch die Stadt, auch wenn es Backsteine regnet. Gerade wenn man von historischen Plätzen umgeben ist, möchte man darin bewegen um einen sinnlichen Bezug zur Erzählung zu bekommen.

Auch wenn die Mehrheit der Teilnehmer damit einverstanden war, ich fand den kompletten zweiten Teil der „Führung“, bei der wir im Brauhaus Früh saßen und den Ausführung des Stadtführers lauschten, ziemlich daneben. Mein Fazit: Die Geschichten waren spannungslos erzählt. Einem Autor würde man so was zurecht links und rechts um die Ohren hauen. Für die 10,80 Euro hätte ich mir in der Bahnhofsbuchhandlung besser einen Krimi gekauft und wäre damit besser unterhalten gewesen. Zumindest weiß ich jetzt, dass ich auf Stadtführung durch Köln gut verzichten kann. Dafür gibt es eine wesentlich besser (und günstigere) Alternative. Einfach mal die älteren Genossen im Ortsverein fragen. Die kennen sich nicht nur gut aus, sondern können auch besser erzählen.

4 Kommentare

  1. Das ist wirklich ärgerlich mit dieser Stadtführung! Da ich selbst Menschen durch ein historisches Museum führe, weiß ich um die Herausforderung, so eine Gruppe mitzureißen. Es geht ja nicht nur um Informationen, sondern auch um Atmosphäre, Begeisterung, einen Spannungsbogen – alles Dinge, die wir auch beim Schreiben benötigen. Daher ist es ein Minimum, sich wirklich im Stoff auszukennen. Das kannst Du für den Preis auf jeden Fall verlangen!
    Wenn jetzt einige in der Gruppe waren, die das Wetter nicht ertragen konnten/wollten, dann ist das Brauhaus vielleicht eine Lösung, aber sicher keine gute. Gehe ich recht in der Annahme, dass ihr eure Getränke auch noch selbst bezahlen musstet? Schande!

    Ernsthaft, solche Stümper, die nur anhand von Zetteln daherlabern, sind eine echte Schande für die „Zunft“. Wir erleben das oft bei uns im Museum, dass Besucher vor der Führung zurückschrecken, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben.

    1. Natürlich mussten wird die Getränke selber bezahlen. Wobei „wir“ nicht ganz richtig ist, denn ich war der Einzige, der sich nicht zu einem Getränk hat nötigen lassen.

      Im Artikel vergessen habe ich zu erwähnen, der „Stadtführer“ in der zweiten Hälfte immer wieder auf die Uhr geschaut hat. Als ob er es kaum erwarten konnte, endlich durch zu sein mit der Gruppe. Extrem unprofessionell so was.

  2. Gut, dass Du Dich nicht hast drängen lassen! Aber sag mal, da muss es doch einen Veranstalter gegeben haben… Ich würde mal ein kritisches Feedback geben. Oft wissen die gar nicht, wie ihre Leute arbeiten. Über uns im Museum hängt immer die Ankündigung, dass unsere Chefin mal hier mal da jemanden „undercover“ mitschickt. Das ist ungemein hilfreich. Vielleicht solltest Du das denen mal vorschlagen?

    1. Hab ich auch schon überlegt, aber lass ich wohl die Kölner Grundeinstellung „Et is, wie et is“ gelten. Der Stadtführer macht das so jahrelang, dann soll er es auch gerne so weiter machen – allerdings ohne mich. Den anderen hat es anscheinend wohl gefallen, nur sind meine Ansprüche da etwas anders.

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