Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Zwei nicht unwesentliche Komponenten für einen Krimi sind der Täter und die Tat. Sicher, es gibt auch Krimis (durchaus gute), die ohne solche Komponenten auskommen.

Ein „ordentlicher“ Krimi jedoch kann nicht darauf verzichten. Als Autor steht man bei der Entwicklung eines Plots vor der Aufgabe, entweder einen Täter und die zu ihm passende Tat oder eine Tat und den dazu passenden Täter zu entwickeln. Dabei kann man realitätsnah den Fall auf Grund von Informationen aus der Zeitung und Fernsehen (oder aus dem beruflichen Alltag) entwickeln. Neben diese Inspirationsquelle gibt es noch den wesentlich anstrengenderen Weg, ein Täterprofil Stück für Stück selber zu erarbeiten, die Figur soweit mit Leben zu versehen, dass sich ihre Taten aus der Persönlichkeit ergeben.

Eines der Hauptprobleme dabei ist die Glaubwürdigkeit bei der Entwicklung des Täters und der Tat. Es mag durchaus Krimi-Autoren geben, die sämtlich Aspekte ihrer Erzählung frei erfinden. Unabhängig von ihrer sprachlichen und stilistischen Kompetenz wird ihr Werk aber immer in der Luft hängen. Daraus resultiert, dass man nicht um Recherche drumherum kommt. Dazu gehört auch die Beschäftigung mit Fachliteratur. Nur so kann man sich einem fiktiven Täter soweit nähern, dass man ihn Glaubwürdigkeit verleihen kann.

Je länger ich mich derzeit mit dem Thema auseinander setze, desto häufiger stoße ich auf ergiebige Quellen – allerdings sind die nicht immer für schwache Nerven geeignet. Wobei sich zwangsläufig die Frage stellt, ob jemand mit schwachen Nerven überhaupt Krimis schreiben sollte. Auf der Webseite des Kriminalisten (und Autors) Stephan Harbort bin ich auf eine Reihe von lesenswerten Aufsätze rund um das Thema Serienmörder gestoßen. Material, was mir hilf, mich noch intensiver mit meinem Serienmörder auseinander zu setzen.

Allerdings habe ich schon festgestellt, dass ich derzeit an eine Grenze stoße, auch wenn diese selbst gesteckt wird. Mein Mörder treibt sein Unwesen in einer Kurzgeschichte, die auf Grund der Wettbewerbsbedingungen auf eine feste Zeichenzahl begrenzt ist. Der Hintergrund, den er mittlerweile hat, passt auf gar keinen Fall in diesen Rahmen. Diese individuelle Problem führt wiederum zu einem generellen. Wie viel Raum hat man in einer „typischen“ Kurzgeschichte für eine intensive Auseinandersetzung mit Täter und Tat? Nicht viel. Die große Gefahr besteht deshalb darin, dass man sich in Klischees verfängt, nur um die Handlung schnell zum Ende treiben zu können.

Das ist jedoch verschenktes Potential, da ein Tiefe auch zur Intensität der Leseerfahrung führt. Daher besteht die anspruchsvolle Aufgabe für den Autor darin, in den Grenzen der Kurzprosa nur eine Ausschnitt zu zeigen – einen geschickt gewählten Ausschnitt. So was geht nur, wenn man mehr Material geschrieben hat, als später Verwendung findet. Zusätzlich sollte man als Autor sämtliche Aspekte die den Täter und seine Tat betreffen, vor Augen haben.

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