Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Fußballvergleiche sind besonders schlecht, wenn man wie ich keine Ahnung von Fußball hat. Wobei ich gestehen muss, dass ich dafür nicht schäme. Weder für Fußballvergleiche noch für mein mangelndes Interesse an Sport.

Erkgänzend, und bevor ich zum eigentlichen komme, möchte ich noch hinzufügen, dass ich nicht verstehen kann, weshalb Menschen mit Bier in der Hand und einem entsprechenden Bauch zu Hause vor dem heimischen Fernseher Fußball als ihren Sport bezeichnen.

Zweite Liga. Am Samstag auf der Post. Nicht das mir warten in langen Schlangen noch viel ausmacht. Als Bahnfahrer bin ich schließlich an einiges gewöhnt. Im Vergleich zu Zugverspätungen hat es auch nur moderate 20 Minuten gedauert, bis ich an der Reihe war, Immerhin, der Mann am Schalter hatte Humor (für Köln nichts ungewöhnliches, für Bielefeld wäre so was schon eine kleine Sensation). Meine EC-Karte musste er sich genauer angesehen haben, denn er meinte, dass Bielfeld im Fußball da steht, wo Köln gerade hin unterwegs ist. In Bezug auf Fußball ist Köln keine Verbesserung zu Bielefeld. Mir ist das jedoch egal, da mich, wie bereits erwähnt, diese Sache mit dem Ball nicht interessiert. Trotzdem werde ich immer besser darin, zumindest in kürzeren Gesprächen – wie das in der Post – so was wie Interesse am Thema zu simulieren.

Auch wenn Bielefeld und Köln in Bezug auf Fußball ähnlich schlecht aufgestellt sind, so spielt meine neue Heimat doch in einer ganz anderen Liga. Bielefeld ist Ostwestfalen. So tief Ostwestfalen, dass ich in den fast zwanzig Jahren, die ich dort gelebt habe, nie auf die Idee gekommen wäre, diese Stadt, diese Region als meine Heimat zu bezeichnen. „Ich wohne da nur“, war ein Satz, den man nicht selten entschuldigend von mit zu hören bekam. Besonderen Wert habe ich immer darauf gelegt, dass ich dort nicht geboren bin. Am Ende hatte ich mich mit der Stadt abgefunden. Mehr nicht. Ur-Bielfelder werden so vermutlich nicht gerne hören, aber es ist wie es ist.

Man kann sich vermutlich in so eine Abneigung ziemlich reinsteigern, das möchte ich gar nicht bestreiten. Für mich aber zählt, wie ich mich in Bielfeld gefühlt habe und wie ich mich im Kontrast dazu jetzt in Köln fühle. Gefallen hat mir in Bielefeld die Übersichtlichkeit, dass viele Grün durch den Teutoburger Wald. Auch waren die Mieten etwas günstiger, der Verkehr nicht so laut. Nicht verschwiegen sollte auch die niedrige Kriminalitätsrate in der Stadt.

Gefehlt hat in Bielefeld allerdings die langfristige (auch berufliche) Perspektive. Über die Jahre hat sich bei mir auch eine Passivität wie ein Krebsgeschwür ausgebreitet. Ich bin nicht mehr Fahrrad gefahren, obwohl ich das früher leidenschaftlich gerne gemacht habe. Tee, meine geliebten Darjeeling und Earl Grey, habe ich nicht mehr vertragen. Selbst beim Wasser trank ich mit statt ohne Kohlensäure.

In Köln hat sich das alles gewendet. Viele Dinge sind für mich jetzt wieder so, wie so vor Bielefeld waren. Insgesamt fühle ich mich wacher, kreativer. Egal wo mich das Leben noch hintreiben wird, mit Köln werde ich immer verbinden, dass ich hier (dort) meinen ersten Roman geschrieben habe. Das wäre für mich in Bielefeld undenkbar gewesen.

Eine andere Liga. So fühle ich mich derzeit auch, unabhängig vom Wissen, dass es noch enorme Aufstiegsmöglichkeiten gibt.

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