Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In meinem Ortsverein gab es gestern Abend eine Mitgliederversammlung mit Vortrag zum Thema „Mein Haus, mein Auto, meine Familie – wie öffentlich oder privat soll das Internet sein?” Im Kern ging es dabei um Google und um das Produkt „Street View”.

Wenn auch nicht erschöpfend, so doch zumindest fast neutral wurde dazu von einem Genossen aus dem Vorstand referier. Neue Erkenntnisse habe ich dabei nicht gewonnen, aber darum ging es mir auch nicht. Für mich war es sehr viel spannender, wie die Genossen diskutieren würden.

Bei dem Thema kann man unterschiedlicher Meinung sein. Vor allem dann, wenn man sich von Street View im speziellen löst und die allgemeine Datensammlung anschaut. Überall werden Profile und Verhaltensweisen erfasst, ausgewertet.

Darauf aber grundsätzlich ablehnend zu reagieren und Menschen, die online einkaufen oder lediglich irgendwo in einem Geschäft mit EC-Karte bezahlen, Dummheit zu unterstellen, geht deutlich zu weit. Wer auf diese Weise auch auf Neuerungen reagiert, verfällt in ein Verhaltensmuster, dass auch das Leben der Amish people prägt.

Ob es einem passt oder nicht, die Entwicklung geht grundsätzlich weiter. Während noch darüber diskutiert wird, dass böse Firmen über die Verwendung der EC-Karte oder die Nutzung eines Mobilfunktelefons meinen Standort nachträglich ermitteln können, nutzen vornehmlich junge Menschen Geolocation-Dienste ganz selbstverständlich und veröffentlichen ihr Bewegungsprofil in Echtzeit.

Es ist wieder der digitale Graben, der sich durch die Gesellschaft zu ziehen scheint. So wie im Ortsverein Mitglieder ab einem gewissen Alter reagiert habe, war es auch von mir erwartet worden. In Bielefeld im Ortsverein verlief eine ähnlich Diskussion in die gleiche Richtung.

Ich denke, man sollte neuen Möglichkeiten erstmal positiv gegenüber stehen, aber genau prüfen, was sie für Konsequenzen haben – für einen selber und für die Gesellschaft. Das die meisten Firmen der Welt ihre Produkte und Dienstleistungen nicht aus purem Altruismus zur Verfügung stellen. sollte jedem klar sein. Die entscheidende Frage dabei ist doch, ob sich eine Win-Win Situation daraus ergibt, wo beide Seiten profitieren.

Wir sollten und können die Entwicklung der Gesellschaft nicht aufhalten, aber wir sind durchaus in der Lage zu beeinflussen, welche Richtung sie nimmt.

2 Kommentare

  1. Wie auch Du sehe ich das ganze Ambivalent. Deine Ausführung zur „selbstverständlichen“ Nutzung durch Jugendliche/junge Menschen würde ich allerdings so nicht unterschreiben. Sie nutzen diese Dinge nicht selbstverständlich, sondern arglos. Die Tragweite dieses freizügigen Umgangs mit der eigenen Privatsphäre ist den jungen Menschen noch nicht bewußt, woher auch, Weitblick erfordert ein gerüttelt Maß Lebenserfahrung.

    Spätestens dann, wenn der nächste Arbeitgeber unangenehme Fragen stellt oder später einmal unangenehme Details im nicht-vergessenden-Web nicht mehr zu entfernen sind, werden die allzu optimischen vielleicht verstehen, was die Skeptiker damit meinten.

    1. Du hast recht. Statt selbstverständlich würde „arglos“ ganz gut passen. Deswegen sollte in den Schulen das Thema Datenschutz auf dem Stundenplan stehen.

      Zu den Spuren im Web, die wir hinterlassen, gibt es eigentlich eine einfache Regel. Sich im Netzt so verhalten, wie man es auch unter normalen Umständen in der Öffentlichkeit tun würde.

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