Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Überschrift macht stutzig. Heißt es nicht eigentlich Hörsturz? Im Prinzip schon, aber ich meinte etwas anderes, für das mir kein passender Begriff eingefallen ist. Damit sind wir dann schon mitten im Thema.

Versuchen wir aber trotzdem, von Vorne zu beginnen und zumindest damit eine der Schwierigkeiten beim schreiben aus dem Weg zu räumen. Seit über sieben Jahren gibt es diesen Blog hier. Fast täglich wurde er bisher mit Texten gefüllt – und das wird auch hoffentlich so weiter gehen. Viel früher, so in der achten, neunten Klasse, habe ich angefangen, Texte zu schreiben. Meine ersten „literarischen” Gehversuche sozusagen. Damals, auch bedingt durch die Arbeit für die Schülerzeitungen, wollte ich noch Journalist werden. Wenn ich das heute wäre, hätte ich vermutlich ein ganz bestimmtes Problem nicht.

Die meisten, die schreiben, auch wenn sie es nur im stillen Kämmerlein tun, halten sich für mehr oder weniger talentiert. Zumindest sind sie von ihren Texten, von ihrer Art zu schreiben überzeugt. Diese Überzeugung aber ist wiederum ein Teil des Problems, denn nicht jeder, der sich für einen Schriftsteller hält, ist auch einer.

Meine bisherigen Textversuche im literarischen Bereich habe ich nicht ohne Grund Gehversuche genannt. Natürlich wollte ich auch damit kokettieren, bewusst etwas tiefer stapeln. Das es aber ganz eindeutig nur Gehversuche sind, ist mit erst in den letzten Tagen klar geworden.

Mit dieser Einsicht verbunden war ein tiefer emotionaler Sturz. Es ist nicht einfach, wenn etwas, was man für wichtig in seinem Leben hält, so plötzlich zerbröckelt. Das es so gekommen ist, liegt zum Teil an der Frankfurter Buchmesse. Diese hatte ich auch deshalb besucht, um die Autorenluft zu schnuppern, da ich selber, endlich, mit einem Roman schwanger war.

Es ist nicht nur beim schnuppern geblieben. Von den vielen Eindrücken, die ich wieder mit nach Hause genommen hatte, inspiriert, nutzte ich das Internet endlich auch mal, mich über den Prozess des Schreibens zu informieren. Vermutlich war es ein Teil des eigenen Selbstverständnisses , dass ich das vorher, in all den Jahren, noch nicht gemacht hatte. Was dann folgte, lässt sich nachvollziehen, wenn man eine ganze Flasche Wein alleine trinkt und von einem auf den anderen Moment nichts mehr vom Alkohol merkt. Die schlagartige, totale Ernüchterung.

Vieles von dem, was ich in den letzten Jahren an Gehversuchen zu Stande gebracht habe, hat nicht mal 400 Wörter. Einen fünf Jahre alten Text, der zumindest über diese Grenze kam, habe ich dann bei neobooks hochgeladen. Die Kritik, die mir entgegenschlug, war leider völlig berechtigt. An dieser Stelle hätte ich es auf sich beruhen lassen können.

Start dessen aber habe ich weiter gebohrt und einen Text von Andreas Eschbach über das Schreiben gefunden. Ich sollte dazu sagen, dass ich Eschbach als Autor sehr schätze, insbesondere wegen seiner handwerklichen Art des schreibens. Der Mann kann wirklich fast jedes Thema zu einem spannenden Roman kunstvoll verarbeiten.

Der Text jedenfalls war wie Salz in einer Wunde, hat mir aber genau gezeigt, was bei meinen Gehversuchen fehlt. Auf den Punkt gebracht habe ich zwanzig Jahre meines Lebens mit Ignoranz verschwendet. Eine Zeit, in der ich locker das Handwerk hätte lernen können, wenn ich es denn gewollt hätte. Mangelnde Einsicht stand mir, ebenso wie ich mir selber, im Weg.

Ausgehend vom lebenslangen Lernen ist aber nie für etwas zu spät. Ich bin, nach dem ich jetzt die ersten Kilometer durchs dunkle Tal gelaufen bin, wieder optimistisch, dass am Ende doch noch Licht sein wird. Selbst wenn es nur die Abendsonne ist, die ins Tal scheint.

Mit sehr viel Elan sitze ich an einem neuen Schreibprojekt. Diesmal in der Absicht, während der Reise die Ausrüstung zu erwerben.

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