Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Als besondere Augenweide würde ich Wesel, der Stadt, in der ich geboren wurde und die ersten zwanzig Jahre meines Lebens verbracht habe, nicht bezeichnen. Der Abstand zu dieser Stadt hat dich bei mir über die Jahre und die Entfernung zu Bielefeld vergrössert.

Wenn ich dann mal auf Besuch bin, fremdel ich mittlerweile sogar ein Wenig. Warum wird mir beim schreiben dieser Zeilen klar. Wesel ist nicht nur klein und hat sich wenig weiterentwickelt. Es ist einfach so, dass ich nun auch schon bald 20 Jahr in Bielefeld wohne.

Wesel ist mir also wirklich fremd geworden, allerdings ohne das mir Bielefeld besonders vertraut ist. So viel, wie ich von Wesel mal kannte, kenne ich von Bielefeld längst nicht. Liegt irgendwo in den beiden Städten so etwas wie Heimat? Ich glaube nicht.

Die Wohnung in Bielefeld ist vollgestopf mit Kram und Erinnerungen. Die Wege, die ich gehe, sind mir vertraut. Heimat ist das nicht. Vielleicht bin ich ja auch ein Baum ohne Wurzeln.

Das Wesel wie ein paar zu kleine Schuhe für mich geworden ist, wurde mir im Urlaub am Ende der Zivieldienstzeit deutlich. Tatsächlich ist es so, dass ich Deutschland lebe, mir das Land meiner Geburt und dessen Sprache vertraut ist. Ich fühle mich in diesem Land auch durchaus wohl. Aber meine Heimat habe ich darin noch nicht gefunden.

Wenn Heimat etwas ist, dass einem tief im Inneren berrührt, dann kann ich mir aber durchaus vorstellen, wo bei mir diese Heimat liegt.

Ich schließe die Augen und lausche einer Musik, die mich aufwühlt, die Emotionen weckt. Spüre den rauen Wind auf den Wangen und empfinde eine unerklärbare Verbundenheit.

4 Kommentare

  1. Ich verstehe Dich…
    Ich bin viel gereist mit der Kirche, mit meinen Pfadfindern, mit Freunden. Viel durch Deutschland und die Welt – nie hatte ich Heimweh! Und ich bin seit meinem 12. Lebensjahr immer alleine ohne Eltern gereist! 1993 war ich das erste mal mit meinen Pfadfindern in Schottland – in den Highlands! Und dann noch mal mit meiner damaligen Freundin. Ich bin dann ein paar Jahre später zu Weihnachten über die Mönkebergstraße in Hamburg geschlendert. Dort stand ein Mann mit Rock und Backpipes und spielte Scotland the Brave… Seit dem Tag weiß ich was Heimweh ist – Heimweh nach „meinem“ Schottland………..

  2. Ganz komisch: Ich hatte immer das Bedürfnis, ’nach Hause‘, sprich‘ zumindest in das Dorf(äh‘ Kreisstadt) zurück zu wollen.

    Vor langer Zeit war ich für mehrere Jahre beruflich in Stuttgart. Job und Kollegen war mehr als toll, die Wohnung gleich neben einem Weinbauern ein Glückstreffer. Mit der S-Bahn in 5 Min. bei der Arbeit, aber ich konnte auch direkt übern Weinberg zu meinem Arbeitsplatz ‚wandern‘. Allerdings gab’s da oben einen Friedhof und ich dachte, nee: Wenn hier nichtmal Platz zum Begraben ist (die Gräber waren treppenförmig und superklein), bist du eine Nummer unter der ganzen Menschendichte… Das ist zu Hause anders.

    Gut, das war nicht der einzige Grund, warum ich zurück ging. Ich hatte mich nicht einleben wollen, kopfmässig war es von Anfang an nur eine ‚Zeit‘, die ich brauchte, um … zu finden, was ich suche?? Die Entscheidung kam sowas von aus dem Bauch heraus und ich bereue sie nicht! Trotzdem es mächtig herbe war und ist und die Suche wohl lebenslang dauert.
    Übrigens stellte sich raus, das es sich bei dem Friedhof um einen Hundefriedhof handelte;-)

    Hier hat sich viel verändert und tut es immernoch vor allen Dingen zum Nachteil.
    Ich kann garnicht richtig sagen, warum ich mich mit dieser Stadt verbunden fühle. Es ist einfach so.
    Vielleicht sind es auch nur Erinnerungen, weil ich weiss, wie es hier früher aussah? Der Fleck auf dem Eckstein in der Innenstadt (hatte ich mit dem ersten Auto gerammt)? Ich weiss es nicht.

  3. @Frollein: Zu große Städte erdrücken mich genauso wie zu kleine – insofern ist Bielefeld ein guter Kompromiss. Wesel, meine Geburtsstadt, ist einfach zu klein – zudem gefallen mir die Erinnerungen, die ich mit der Stadt verbinde, nicht unbedingt.

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