Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Es gibt wenig Menschen, von denen ich sagen würde, sie wären ein leuchtendes Vorbild. Einer gehört aber auf jeden Fall dazu: der Dalai Lama. Schon vor mehr als zehn Jahren, als ich seine Biographie zum ersten Mal las, hat er mich tief beeindruckt. Dieser Menschen, das geistige Oberhaupt der von China unterdrückten Tibeter strahlt ein solche Ruhe und Erhabenheit aus wie nur ganz wenig. Seiner Wirkung ist sich der Dalai Lama durchaus bewusst und der nimmt sich immer wieder auch gerne selbstironisch auf die Schippe.

Was wiederum für ihn spricht. Über den Dalai Lama, der zur Zeit in Deutschland weilt, war am Wochenende in der Zeitung zu lesen, das die nächste Wiedergeburt des Dalai Lama durchaus eine Frau sein könnte – allerdings, so wurde berichtet, fügte er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu, müsse diese schon hübsch sein.

Allen seinen Bewundern, gerade aus den christlichen Religionen, empfiehlt er vor einer Konvertierung zum Buddhismus erstmal, sich mit dem eigenen Glauben intensiv auseinander zu setzten. Recht hat er. Denn es ist bei vielen Menschen nicht in erster Linie der Glaube, der sie zum Wechsel motiviert, sondern die charismatische Ausstrahlung des Dalai Lama.

Natürlich gibt es nicht wenige Aspekte, die den Buddhismus auszeichnen. Aber die lassen sich durchaus auch im Christentum finden. Das Problem dabei ist nur, dass diese vielfach verschüttet sind. Oftmals erscheint der christliche Glaube als zu starr, zu eingefahren. Aus dieser Unzufriedenheit mit den Strukturen entsteht dann die Unzufriedenheit mit dem eigenen Glauben, der eine Religion wie den Buddhismus als spirituelle Alternative erscheinen lässt – vernachlässigen wir an dieser Stelle mal, dass es auch Menschen gibt, die sich in die Fängen von Sekten geben, die die natürliche Sehnsucht des Menschen nach spiritueller Erfüllung nur ausnutzen.

Das Kernproblem, und ich denke, das hat der Dalai Lama durchaus im Hintergrund, wenn er von einem voreiligen Wechsel abrät, lässt sich in den meisten Fällen nur innerhalb des eigenen Religion, mit der man aufgewachsen ist, lösen. Das Zauberwort heißt hier Auseinandersetzung statt Flucht, denn die Unzufriedenheit, das uneingelöst Versprechen, wechselt mit in den neuen Glauben und wird zu einer Saat, die irgendwann aufgeht und die Seele von innen heraus vergiftet.

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