Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Wie in der Neuen Westfälischen heute zu lesen ist, wurde jetzt die Paul-Gerhardt-Kirche für 2,5 Millionen Euro an die jüdischen Gemeinde verkauft. So wie es aussieht, war also der Widerstand der Bürgerinitiative, die einen generellen Verkauf des Kirchengebäudes verhindern wollte, vergebens. Zwar darf sie noch bis Mitte September das Gebäude für Andachten nutzen, aber der eigentlich Verkauf ist nun vollzogen.

Bereits in den kommenden Wochen sollen die so genannten Symbole des christlichen Glaubens restlos entfernt werden. Dazu gehört auch das Kreuz auf dem Kirchturm.

Auf etwa 20 Prozent des Kaupreise wird der Betrag geschätzt, den die Neustädter Gemeinde für den Ausverkauf erhält. Für eine solche Summe kann man ruhig schon mal Gemeindemitglieder über den Tisch ziehen. Über den ganzen Vorgang wurde bereits oft genug geschrieben, wohl möglich, dass es an der Zeit wäre, endlich Ruhe einkehren zu lassen, aber es gibt wieder neue Details, die das Feuer der Wut wieder anfachen.

Erinnern wir uns an den Kirchenmeister Paul Kriete, der in eine angeblich eigenmächtigen Aktion die Schlösser der besetzten Kirche hat austauschen lassen und, um den Druck auf die Besetzer zu erhöhen, einen privaten Sicherheitsdienst angeheuert hat, um die Besetzer am Betreten der Kirche zu hindern. Seine Aktion löst ein Sturm von Protesten aus. Daraufhin tat er das Mindeste dessen, war angemessen war: zurück treten von seinem Amt. Heute ist in der NW zu lesen, dass er von diesem Rücktritt wieder zurück getreten ist – es wird so getan, als ob nie was gewesen ist. Bestärkt wird dieser Eindruck durch ein Foto im Lokalteil der NW, au dem die bei der Unterzeichnung des Verkaufsvertrages Beteiligten zu sehen sind. Mit dabei: Rolf Kriete.

Für mich ist das genau wie da bisherige Verhalten von Pastor Alfred Menzel ein Beleg für die Verlogenheit der Neustädter Gemeinde, eine Gemeinde, zu der ich nach der umstrittenen Fusion jetzt auch gehöre. Allerdings nicht mehr lange, denn entweder werde ich komplett aus der Kirche austreten oder aber mich umpfarren lassen (wie der offizielle Wechsel in eine andere Gemeinde genannt wird).

Weg aber von den persönlichen Konsequenzen zu dem, was noch heute in der Zeitung zu finden war: eine Menge kritischer Leserbriefe. Unter anderem einer von einem Mitglied der jüdischen Kultusgemeinde, die die Paul-Gerhardt-Kirche gekauft hat.

Es ist zwar so, dass Leserbriefe nur Meinungen darstellen. Auch ist es schwierig, die Vorwürfe im den Aussagen Feliks Fuchs zu belegen, wenn man selber nur den Leserbrief vorliegen hat. Dennoch ist er erwähnenswert.

Herr Fuchs hebt nämlich hervor, dass über 90 Prozent der jüdischen Gemeinde gegen den Kauf der Paul-Gerhardt-Kirche waren. Die Gemeindemitglieder ferner auch nicht dazu befragt worden, was sie von der Wandlung eines christlichen Gotteshauses in eine Synagoge halten.

Es sieht so aus, als ob der gesamte Deal sowohl auf Seiten der Verkäufer als auch der der Käufer auf das Bestreben einige weniger Menschen zurück geht. Hier werden wohl persönliche Interessen über die der Gemeinde gestellt. Auch in der jüdischen Gemeinde hat der gesamte Vorgang tiefe Wunden gerissen, die unter Umständen nur sehr langsam heilen werden.

Sehr auffällig auch ein Satz aus einem anderen Leserbrief:

…die Fusion wurde nur herbeigeführt zwecks Sanierung der Neustadt

Tatsächlich ist das wirklich der Eindruck, der hängen bleibt. Die evangelische Kirche ist im Kapitalismus angekommen.

5 Kommentare

  1. Auch die NeoCons sind eine evangelische Erfindung. Alles geboren aus der sehr mächtigen protestantischen, amerikanischen Bewegung.

    Dazu gab es mal einen sehr aufschlussreichen Artikel in der GEO.

  2. Vielleicht sind die evangelische Kirche und die jüdische Gemeinde keine demokratisch strukturierten Organisationen?

    Ob der Verkauf ökonomisch sinnvoll ist oder nicht, lässt sich für mich ohne die konkreten Zahlen nicht überpfüfen. Fakt bleibt, dass die Kirchen seit Jahren das Problem des Mitgliederschwundes kompensieren müssen. In den letzten Jahren sinkende Löhne bei den Kirchenmitarbeitern, das Aussetzen der Übernahmegarantie für Theologiestudenten, die mal Pastor werden wollen und der Verkauf diverser Liegenschaften folgen diesem Trend. Wenn dann der Kirchenvorstand beschließt, eben auch Gemeinden in der Stadt zusammenzulegen, wie es auf dem Land ja schon seit längerem der Fall ist, kann ich das schon verstehen.

  3. Genau, der Kirchenvorstand beschließ (gegen den Willen der Gemeinde) und die Gemeinde folgt. Pfarrer führ, wir folgen dir – moment, hatten wir das nicht schon mal?

  4. Ich weiß ja nicht wie das bei Euch in Bielefeld ist, aber bei uns in der Nordelbischen Kirche wird der Kirchenvorstand von den Gemeindegliedern gewählt… Und hier stellen sich die Kandidaten vorher auch mit ihren Zielen vor! Der Kirchenvorstand meiner Gemeinde besteht aus 15 Mitgliedern und da sind auch die Pastoren drin vertreten aber halt auch nur eine Stimme pro Pastor und da wir 3 davon haben, haben immer noch die Laien die absolute Mehrheit.
    Wir mussten vor einigen Jahren eins unserer zwei Gemeindehäuser verkaufen. Gab auch erst Widerspruch – vor allem von den Vereinen die das Haus mit nutzten – aber nachdem der Kirchenvorstand die Zahlen vorgelegt hatte und als Alternativen nur die Schließung des Kindergarten oder Personalabbau von mindestens 4 Mitarbeitern an anderer Stelle blieb (und das wären keine Pastoren gewesen, die finanzieren die Gemeinden nicht selbst), hat die Gemeinde den Verkauf akzeptiert!

    Aber ohne die Zahlen bei Euch zu kennen – der Vorstand hätte einfach auf den Verkauf verzichten sollen, zurücktreten weil sie die Verantwortung unter den Umständen für die Gemeinde nicht tragen können, und zusehen wie die neuen Kirchenvorsteher – die ja dann sicher von den Verkaufsgegnern gekommen wären – mit wehenden Fahnen die Gemeinde in die Insolvenz führen…

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